Wie schreibe ich eine Kurzgeschichte?
Bei mir ist es oft ein besonderer Anlass, ein besonderer Mensch oder ein packendes Gefühl, das mich dazu bewegt, eine Kurzgeschichte zu verfassen. Deshalb schreibe ich meine Kurzgeschichten dann einfach aus dem Bauch heraus, ohne mir davor lange Gedanken zu machen.
Meist gibt es da aber ein Thema, das mich interessiert oder eine Botschaft, die ich vermitteln möchte. Dann habe ich ein Schema nachdem ich vorgehe, das ich nun gerne mit dir teilen möchte. Plus ein Beispiel von mir, damit du dir das Ganze besser vorstellen kannst.
1. Genre
Überlege dir ein Genre in dem du schreiben möchtest – Krimi, Liebesgeschichte, Fantasy, Horror etc.
Vielleicht eines, das du schon immer ausprobieren wolltest?
Jetzt weißt du in welche Richtung sich deine Kurzgeschichte bewegt und welche Elemente durch das Genre für deine Geschichte essentiell sind.
Bsp.: familiäre, weihnachtliche Kurzgeschichte
2. Ziel
Mach dir Gedanken, was du mit deiner Geschichte erreichen möchtest. Worauf soll sie hinauslaufen?
Steht sie in Verbindung mit deinem eigenen Leben ? Verpackst du ein öffentliches Thema? Greifst du einen Hype auf?
Welche Einstellung soll der Leser vielleicht mitnehmen?
Bsp.: Workaholics, für die nichts mehr zählt, als ihre Arbeit und stets in der Zukunft leben.
Am besten du formulierst den Kern deiner Geschichte dann noch in einem Satz.
Bsp.: „Jessica lernt an einem Weihnachtsabend, dass nicht nur die Zukunft zählt – zum Glück, bevor es zu spät ist.“
3. Hauptfiguren
Wer soll dein Protagonist sein? Gibt es mehr als einen? Wenn du das weißt, kannst du dir kurz überlegen, welche Entwicklung er durchmacht.
Bei einer Kurzgeschichte reicht eine grobe Skizzierung völlig aus:
Wo befindet sich dein Charakter? Wohin soll seine Reise gehen? Will er ein bestimmtes Ziel erreichen?
Bsp.: Jessica ist ein Arbeitstier. Sie hechtet von einem Erfolg zum nächsten und hat keine Zeit mehr für die Personen, die ihr einmal wichtig waren. Im Laufe der Geschichte erkennt sie, was wirklich zählt.
4. Beginn
Wie möchtest du beginnen? Überlege dir einen guten Einstieg. Der Konflikt, der deiner Geschichte zu Grunde liegt, sollte gleich in den ersten Zeilen auftauchen. Dein Leser wird nicht wie in einem Roman seitenlang darauf warten. Du hast nur kurze Zeit, ihn zu überzeugen.
Bsp.: Jessica sitzt in ihrem Büro, hoch über den Dächern der Stadt, und betrachtet die Zahlen auf ihrem Laptop, bis sie einen Anruf bekommt…
Am Anfang meiner Geschichte wird sofort klar, worauf Jessica ihren Fokus lenkt. Der Leser weiß Bescheid und kann den Konflikt erahnen. Lies am besten meine Geschichte Ein Geschenk– dann weißt du, welche Informationen ich in die ersten Sätze gepackt habe.
5. Wichtige Eckpunkte
Notiere dir die Dinge, die unbedingt in der Geschichte vorkommen sollen, damit du überlegen kannst, wo du sie am besten einbaust und du sie nicht gleich wieder vergisst. Das kann die Handlung einer Person sein, ein Gegenstand, ein Vorfall usw.
Möglicherweise weißt du ja auch schon, welcher ausschlaggebende Punkt deine Geschichte richtig ins Rollen bringen wird.
Bsp.: Ich habe mir notiert:
- die Person, die ihr zeigen wird, in welche Richtung sich ihr Leben entwickelt
- das wichtige Zitat für den Schluss
- die erste Szene im Wolkenkratzer
6. Struktur
Mach dir einen groben Plan, was wann in deiner Geschichte passieren soll (die wichtigen Eckpunkte hast du dir ja notiert) und denk darüber nach, wie sie enden kann?
Gibt es ein offenes – dramatisches – lustiges- überraschendes Ende? Eines, das besonders gut passt oder üblich für das Genre ist?
Bsp.:
- Einstieg: Wolkenkratzer, der alle anderen kleinen Häuser überragt
- 1. Ereignis: Anruf
- 2. Ereignis: Treffen mit einem alten Freund
- 3. Ereignis: der einsame Wanderer
- 4. Ein magisches, liebevolles, weihnachtliches Ende im Kreise der Familie
7. Dann schreib drauf los!
Ja genau. Du kannst jetzt das tun, was mir und dir so richtig Spaß macht!
8. Streichen, Kürzen, Hinzufügen
Am Ende geht´s ans Überarbeiten. Der Punkt, an dem du lernen kannst, welche Infos überflüssig sind und wo an anderer Stelle doch noch etwas fehlt. Hier solltest du dich fragen, welche Details wirklich wichtig sind oder wo ein kleines Detail in der Geschichte, dir weitere lästige Sätze ersparen kann.
Ich lese mir die Geschichte meist erst am nächsten/übernächsten Tag noch einmal durch, weil ich dann einen kleinen Abstand dazu gewonnen habe, und gebe sie einer anderen Person zu lesen, mit der ich anschließend darüber spreche – zwei Augenpaare sehen mehr und Verbesserungsvorschläge sind goldwert!
Die Kurzgeschichte, die ich als Beispiel angeführt habe, werde ich ebenfalls in wenigen Tagen veröffentlichen. Dann kannst du dir die fertige Geschichte ansehen!